«Jo, so isch es gsee!»
Seniorinnen und Senioren der Stiftung Altersbetreuung Herisau erarbeiten derzeit das Erzähltheater «Erinnerungsschätze, als ich klein war ...». Text und Bild von Eva Schläpfer.
«Als ich noch jung war, war vieles anders.» Wer hat diese Aussage nicht schon von seinen Eltern oder Grosseltern gehört? Doch wie anders war es damals? Mit persönlichen Geschichten erwecken Seniorinnen und Senioren der Stiftung Altersbetreuung Herisau vergangene Zeiten zum Leben. Sie schwelgen in Erinnerungen, teils etwas wehmütig, teils aber auch dankbar, dass es heute nicht mehr so ist. Der Lehrer, der mit dem Gurt oder dem Lineal bestraft etwa, oder die Zeiten der Entbehrung während des zweiten Weltkriegs. Geschichten, die ihr Leben schrieb, erzählt von fünf Frauen und fünf Männern. Bewegend, berührend, authentisch und oft beendet mit dem Satz «Jo, genau so isch es gsee!».
Ronja Schmid, Fachfrau Betreuung, begleitet gemeinsam mit der Schauspielerin Angi Kellenberger das Projekt. «Die Form des Erzähltheaters erlaubt Spontanität und ermöglicht allen ihre Geschichte frei von der Leber weg zu erzählen.» Dennoch: Ohne Proben geht es nicht. Seit Monaten treffen sich alle Schauspielerinnen und Schauspieler einmal wöchentlich. Knapp vier Wochen vor der Aufführung ist definiert, wer welche Erinnerungsschätze aus seinem Leben erzählt. Die Requisiten sind bereit, die passenden Musikstücke und Bilder ausgewählt. Die Reise beginnt in der Schule, führt dann auf den Tanz und zu Lieblingsorten, weiter zum harten Alltag während der Kriegsjahre und schliesslich vom Alltäglichen, wie das «Bette sonne» über Ausflüge ins Tessin bis zum einst wichtigsten Tag aller Ausserrhoder Männer, dem Landsgemeindesonntag.
Es war ein grosses Stück Arbeit, welches die Senioren und Seniorinnen mit viel Enthusiasmus und Energie bis hierhin geleistet haben. Für die Projektverantwortlichen ist es wichtig, dass dieser Einsatz die entsprechende Wertschätzung erfährt. Deshalb findet die Aufführung des Erzähltheaters in der alten Stuhlfabrik statt. Der Theatersaal an diesem geschichtsträchtigen Ort in unmittelbarer Nähe von Ebnet und Heinrichsbad bietet die stimmige Atmosphäre, um in frühere Zeiten einzutauchen. Und für einen Anlass notabene, der nicht nur für die Beteiligten ein unvergesslicher werden soll. Eingeladen sind nämlich nebst den Angehörigen der Schauspielrinnen und Schauspieler alle Bewohnerinnen und Bewohner der Altersheime Ebnet und Heinrichsbad. Auch für sie dürfte der Ausflug in die alte Stuhlfabrik und in längst vergangene Zeiten zu einem neuen Erinnerungsschatz werden. Noch ist offen, ob während oder nach den Sommerferien eine zweite Aufführung für die Öffentlichkeit stattfinden wird.